Scharfe Kritik an neuem Sexualbildungskonzept des Erzbistums Hamburg


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Das Erzbistum Hamburg erntet scharfe Kritik für sein neues Konzept zur sexuellen Bildung an katholischen Schulen. Anfang Juni hat die Erzdiözese ein umstrittenes Rahmenkonzept für sexuelle Bildung an katholischen Schulen vorgestellt. Das 33-seitige Dokument mit dem Titel „Männlich, weiblich, divers: Rahmenkonzept für sexuelle Bildung an den katholischen Schulen im Erzbistum Hamburg“ soll ab dem Schuljahr 2026/2027 an allen 15 katholischen Schulstandorten in Hamburg umgesetzt werden.

Kritisiert wurde das neue Konzept von ehemaligen Schülern der katholischen Sophie-Barat-Schule. Diese wandten sich mit einem offenen Brief an die Verantwortlichen. Sie kritisierten, dass das Konzept „in erheblichem Widerspruch zur verbindlichen Sexuallehre der katholischen Kirche“ stehe.

Zielsetzungen des Rahmenkonzepts

Generalvikar Pater Sascha-Philipp Geißler SAC betonte bei der Vorstellung, das Rahmenkonzept stelle keine neue Theologie vor: „Wir treten ein für eine beziehungsethisch begründete Sicht auf Liebe, Partnerschaft, Ehe, Familie und Sexualität. Wir treten ein für die Akzeptanz von Vielfalt hinsichtlich sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identität. Und wir treten ein für eine lebensbejahende und in diesem Sinne positiv besetzte Sichtweise auf Sexualität.“

In der Pressemitteilung hieß es weiter zu dem Konzept: „Die Anerkennung unterschiedlicher Identitäten und sexueller Orientierungen wird aktiv gefördert.“ Unter „geschlechtlicher Vielfalt“ versteht das Rahmenkonzept „die Geschlechtsidentität, die Menschen haben, z. B. als Mann oder Frau“, aber auch „Transidentität, Intergeschlechtlichkeit oder non-binäre Identität“.

Das biologische Geschlecht müsse dabei „nicht mit der sozialen Identität übereinstimmen“. Konkret sollen die Schüler in der zweiten Sekundarstufe lernen, sich zu „informieren“ über „gesetzliche Regelungen zum Personenstand ‚divers‘ sowie zur Transition (SK)“.

Das Rahmenkonzept bezieht sich auf die „Erkenntnisse der Humanwissenschaften und der modernen Theologie sowie den Diskurs um die Handlungstexte des Synodalforums IV ‚Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft‘“. Dabei orientiere sich das Konzept konkret an Ideen des Sexualwissenschaftlers Uwe Sielert, der Sexualität als „allgemeine Lebensenergie“ definiert.

Christopher Haep, der Leiter der Abteilung Schule und Hochschule im Erzbistum Hamburg, erklärte, das Rahmenkonzept verstehe sich als pädagogische Grundlage, die es jeder Schule ermögliche, einen eigenen schulinternen Lehrplan zu entwickeln: „Sichtweisen und Wertesysteme haben sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert – und insofern müssen auch wir zeitgemäße Antworten auf die Fragen der Kinder und Jugendlichen geben können“.

Kritik und Widerstand

Das Rahmenkonzept löste unmittelbar nach seiner Veröffentlichung erheblichen Widerstand aus. So wandten sich ehemalige Schüler der katholischen Sophie-Barat-Schule kurz nach der Bekanntgabe mit einem offenen Brief an Haep.

Sie argumentierten, das Konzept stehe „in erheblichem Widerspruch zur verbindlichen Sexuallehre der katholischen Kirche“. Ihre Kritik richtet sich besonders gegen die im Rahmenkonzept geforderte „Akzeptanz – nicht nur Toleranz – aller sexuellen Orientierungen und Familienkonstellationen“. Diese Position widerspreche der kirchlichen Lehre fundamental, wonach die Ehe zwischen Mann und Frau als einzige legitime Form gelebter Sexualität gelte.

Besonders kontrovers bewerten die Verfasser des Briefs die Passage über frühkindliche sexuelle Erfahrungen im Hamburger Rahmenkonzept. Die Darstellung, dass Kleinkinder durch Berührungen oder Körpervergleiche erste sexuelle Erfahrungen machen, bezeichnen sie als „hochgradig anstößig".

Das Rahmenkonzept beziehe sich dabei auf die Theorien von Uwe Sielert. Dieser argumentiere, dass Sexualität bereits im Säuglingsalter beginne. Sielerts Auffassung gehe auf Helmut Kentler zurück, dessen pädophile Vergangenheit von Kritikern als zusätzliches Argument gegen das Konzept angeführt wird.

Kirchliche Haltung zur Gender-Ideologie

In ihren zentralen Lehrdokumenten vertritt die katholische Kirche eine klare und zusammenhängende Lehre zu Sexualität und Ehe, die auf Naturrecht und Offenbarung beruht. Auch der verstorbene Papst Franziskus hat sich in den vergangenen Jahren wiederholt klar gegen die Gender-Ideologie ausgesprochen und dabei auch Stellung zur angemessenen Sexualerziehung von Kindern bezogen.

Papst Franziskus bezeichnete die Gender-Ideologie im März 2024 als die „hässlichste Gefahr“ unserer Zeit. Bei einer Audienz im Vatikan erklärte Franziskus, er habe um Studien über „diese hässliche Ideologie unserer Zeit gebeten, die Unterschiede auslöscht und alles gleichmacht; Unterschiede auslöschen heißt, die Menschlichkeit auslöschen.“ Der Papst betonte, dass Mann und Frau in einer fruchtbaren Spannung zueinander stünden, die niemals unterdrückt werden dürfe.

Die Kritik an der Gender-Ideologie durch Papst Franziskus ist nicht neu. Bereits 2016 beklagte er mit Blick auf französische Schulbücher Versuche einer „hinterlistigen Indoktrinierung mit der Gender-Theorie“.

Im April 2024 veröffentlichte das vatikanische Dikasterium für die Glaubenslehre mit päpstlicher Zustimmung die Erklärung Dignitas infinita über die menschliche Würde. Dieses 25-seitige Dokument stellt die bisher umfassendste offizielle Stellungnahme der Kirche zur Gender-Thematik dar.

Das Dokument erklärte, dass die Gender-Ideologie „eine Gesellschaft ohne Geschlechtsunterschiede“ anvisiere und damit „die anthropologische Grundlage der Familie“ eliminiere. Die Kirche lehrt demnach, dass „das menschliche Leben in all seinen Bestandteilen, körperlich und geistig, ein Geschenk Gottes ist, von dem gilt, dass es mit Dankbarkeit angenommen und in den Dienst des Guten gestellt wird“.

Sexualerziehung und Schutz von Kindern

In seinem Apostolischen Schreiben Amoris laetitia von 2016 legte Papst Franziskus detaillierte Grundsätze für eine angemessene Sexualerziehung fest. Wer die Sexualerziehung nicht im Rahmen des „gegenseitigen Sich-Schenkens“ verstehe, der verstehe sie gar nicht. Das Ziel müsse eine „Erziehung zur Liebe“ von Mann und Frau sein.

Der Papst warnte vor einer „Banalisierung“ der Sexualität und forderte, dass entsprechende Informationen für Kinder und Jugendliche „im geeigneten Moment kommen und in einer Weise, die der Phase ihres Lebens angepasst ist“. Kinder und Jugendliche dürften nicht mit allen möglichen Informationen „übersättigt“ werden.

Das Schamgefühl der Kinder bezeichnete der Papst als von unermesslichem Wert und als „natürliche Verteidigung des Menschen, der seine Innerlichkeit schützt und vermeidet, zu einem bloßen Objekt zu werden“. Ohne Schamhaftigkeit könnten Zuneigung und Sexualität zu „Formen von Besessenheit“ herabgewürdigt werden.


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